Die Hummel hat 0,7 qm² Flügelfläche bei 1,2 Gramm Gewicht. Nach den bekannten Gesetzen der Aerodynamik ist es unmöglich, bei diesem Verhältnis zu fliegen. Die Hummel weiß das aber nicht und fliegt einfach! Cool! Die Hummel fliegt einfach, obwohl der Mensch sagt: “Bei solchen Gegebenheiten kann man nicht fliegen! Es ist unmöglich!”
Sie tut das, zu dem sie berufen ist, was eine ihrer Aufgaben ist. Sie beschränkt sich nicht selbst mit ihrem Denken, sondern sie tut es einfach und glaubt daran.
Dies ist zwar schon von einigen schlauen WissenschaftlerInnen mittlerweile widerlegt worden aber als genau zu Beginn unserer Überfahrt – genau bei unserer Abfahrt – die Hummel auf unser Schiff kommt, bleiben wir bei dem so netten Hummel-Paradoxon und glauben stur weiter dran: das pelzige, lustig vor sich hin brummende und gelb-schwarz-gestreifte Insekt ist eigentlich viel zu schwer, um abzuheben und gemütlich über die Blumenwiese zu schweben. Weil ihr das aber noch nie einer gesagt hat, macht sie es einfach… und das machen wir jetzt auch: Wir segeln einfach von Griechenland nach Sizilien. Und wir glauben daran, dass wir es schaffen.
Wir laufen am Sonntag den 30.06.2019 den Hafen Argostoli auf Kefalonia an, um am Montag von Griechenland auszuchecken. Vor allem, da uns die Behörde in Korfu gesagt hat, wenn wir Griechenland verlassen, muss das unbedingt gemacht werden. Natürlich folgen wir der Aufforderung und in unser Dekpa wird vermerkt, dass zwei Personen ausreisen. Weder unsere Namen noch das Schiff werden irgendwo dokumentiert und nachdem das Dekpa in einem Jahr ungültig ist und wir ein Neues bekommen, fragen wir uns: Warum dieser Aufwand?
Doch wie wir in den letzten Wochen schon gelernt haben – Gelassenheit!
Wir verlassen Kefalonia. Nordwind ist angesagt. In guter Lage sausen wir über das Ionische Meer. Leider hat uns vorher niemand gewarnt, dass die Wellen bei viel Wind auch größer werden. Eine enorme Schaukelei beginnt. So soll es jetzt die ganze Nacht gehen? Sicher nicht. Wir besprechen die Lage, pfeifen auf die Meinungen der Hardcore-Segler und nehmen einen Kurs, der für uns angenehmer ist. Wir brauchen damit zwar viel länger, aber die Überfahrt soll ja ein Erlebnis werden. Das Erlebnis beginnt schon nach 10 Seemeilen. Wir hören plötzlich das ziehende Geräusch der Angelschnur. Ziehen, Stopp, Ziehen, … Wir schauen uns mit großen Augen an. Unser Sohn Sebastian versucht seit Jahren mit dieser Angel einen größeren Fisch zu fangen, jedoch ohne Erfolg. Ist es jetzt bei uns soweit?
Nah dann, los geht`s – endlich etwas für das Männerherz.
Doris übernimmt das Ruder und Christian versucht mit der Angel den Fisch näher zu holen. Ein harter Kampf für beide, da die Wellen auch eine interessante Höhe angenommen haben.
10 Meter hinter dem Schiff taucht dann noch kurz die Frage auf: „wie bekommen wir diesen Fisch nur auf unser Schiff?“ Und Schwubs – ist er auch schon an Board. Die Aufregung ist perfekt und ein überglücklicher Kapitän und Fischer an Bord.
Flami schaut uns natürlich zu und fragt sich: Können so Männer glücklich gemacht werden? 😊
An den folgenden Tagen ist der Köder der Angel nicht mehr im Wasser und es wird auf vielen unterschiedlichen Arten Thunfisch gegessen.
Die erste Nacht bricht an. Unser Plan ist, abwechselnd den Dienst zu übernehmen. So alle 3 Stunden. Dies hat in der ersten Nacht nicht funktioniert, da wir beide etwas angespannt sind und jeweils den anderen nicht alleine lassen wollen. Jede Stunde werden die Logdaten eingeschrieben und alle 10 Minuten geht die Eieruhr ab. Natürlich ist der Schlafmangel bereits sehr spürbar. Aber man kommt durch. Hoch konzentriert erblicken wir jedes Licht, welches aus dem Nichts in der Nacht plötzlich erscheint.
In der zweiten Nacht haben wir eine aufregende Begegnung. Gemütlich segeln wir mit ca. 4 Knoten dahin. Alles ist ruhig und sternenklar. Gähn. Müde. Sterne schauen. Gähn. Ups… Lichter am Horizont, die immer näherkommen. Mist. Wir hüpfen auf und fixieren die Lichtgebilde. Rot- Grün. Das ist nicht gut. Bei dieser Lichtkonstellation kommt das Schiff direkt auf uns zu. Plötzlich nur Rot. – der Tanker dreht ab. Dann wieder nur Grün – doch nicht? Dann wieder Rot – Grün. Was macht der? Unsicherheit kommt auf und die Lichter werden immer größer. Nervosität steigt. Ein so großer 200 Meter Tanker merkt es nicht einmal, wenn er uns wegschiebt. Christian greift zum Funkgerät und funkt den Tanker an. „Alina Vessel, here is Dancing Pearl. Do you see us?” Ein leises Rauschen und dann: yes sure, no problem. I see you.
Erleichterung. Im gleichen Augenblick sehen wir, wie der Riesentanker hinter uns vorbei rauscht. Völlig fertig sind wir im Cockpit und atmen tief durch. Was für eine Aufregung. Auch in der nächsten Nacht müssen wir zweimal einem Tanker ausweichen, da unser AIS immer wieder Kollissionskurs anzeigt. Mittlerweile haben wir ein Auge darauf.
Letztendlich sind es die Nächste, die wir so gefürchtet haben, Teil der wunderschönen Augenblicke. Wir sitzen unter Millionen von Sternen, Sternschnuppen, strahlenden Planeten, der Wind, das Rauschen des Meeres und erleben mit unserer Dancing Pearl unglaubliche Momente.
Bei so einer Langfahrt hat man viel Zeit zum Nachdenken.
Bei unserer Überfahrt denken wir über die zurückgebliebene Arbeit – funktioniert alles, wurde nichts vergessen und vieles mehr – nach. Man stellt sich die Fragen: Wie geht es den Eltern, den Geschwistern, den Verwandten, alle gesund und munter, wie geht es den Tieren zuhause und vor allem wie geht es den Kindern? In den letzten Wochen hatten wir immer Internet und sogar so viel, dass wir Videochats machen konnten. Jedoch bei der Überfahrt hört der Handyempfang nach ca. 25 Seemeilen auf und unser Ziel ist 270 Seemeilen entfernt.
Obwohl wir nur zu zweit am Schiff sind, beschränkt auf wenige qm², sind die Gespräche sogenannte Weltmeistergespräche (diese kennen wir nur mir einer bestimmten Menge an Alkohol). Man unterhält sich und bespricht etwas und nach ein paar Stunden kommt man drauf, das sogenannte Sender Empfänger Modell hat so etwas von nicht funktioniert. Wir stellen uns die Frage: “Wer spinnt hier jetzt?”
Oder wie in einem bekannten Film fängt man an mit Wilson ( Ball ) zu sprechen (danke an die Kollegen von der Marketing-Ableitung für diesen Begleiter).
Eindeutig erkennen wir in den 70 Stunden die Unterschiede der Kommunikation zwischen Mann und Frau. Wir nehmen es mit Humor 🙂
Diese Tiere begleiten uns in den 70 Stunden.
Für alle Hardcore Segler noch als Erklärung, warum wir für 270 Seemeilen 70 Stunden benötigt haben. In der Nacht segeln wir nur mit ½ Groß und wir hatten viele Flauten. Bei zu vieler Schaukelei ändern wir einfach den Kurs, auch wenn es dann länger dauert. 🙂
Am Donnerstag kommen wir um 8 Uhr Früh in der Marina Cantina glücklich an.
Erkenntnis der Woche
Sooo spannend, in Gedanken bei euch!❤